INF Testfall

INF als Testfall für die Zukunft

Der jetzt einseitig von den USA gebrochene Vertrag über nukleare Mittelstreckenwaffen wurde 1987 unterschrieben und 1988 in Kraft gesetzt. So schlecht kann die Arbeit der Beteiligten nicht gewesen sein, mehr als 30 Jahre Laufzeit für einen derart technik-gesteuerten Vertrag sind viel. In den letzten 30 Jahren hat sich die Welt jedoch radikal verändert, mehrere neue Kräfte haben die Bühne betreten, allen voran China, jedoch auch Indien und Pakistan. Und beide Seiten, Russland und die USA, haben neue Waffensysteme und Techniken entwickelt, über die zu sprechen wäre – ein höchst lohnender Einsatz von Zeit und Kraft.

Unter diesen Umständen ist es eigentlich gar nicht nötig, einen derart bewährten Vertrag gleich in die Mülltonne zu werfen – das halbe Jahr „Karenzzeit“, das die USA ab dem 2. Februar noch gewährt haben, erscheint da eher propagandistisch motiviert. Eine vernünftige und angemessene Lösung wäre gewesen, sich rechtzeitig gemeinsam mit allen interessierten Staaten weltweit um die Reform des Vertragswerks zu bemühen. Bundesaußenminister Heiko Maas hat einen entsprechenden Aufruf gestartet, jedoch keinerlei praktische Maßnahmen folgen lassen – dies lässt bedauerlicherweise Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Appells zu. Und was hat Washington getan? – von Russland ultimativ verlangt, die neuen Waffen zu vernichten. Das sieht eher nach dem Versuch aus, im Kampf um die Meinungsführerschaft oder Lufthoheit im globalen PR-Poker Punkte zu machen. Dies fällt leicht, weil die westlichen Medien unter einem gewaltigen Verfall ihrer eigenen journalistischen Regeln UND Rückgang ihrer Abonnentenzahlen leiden: So wird hauptsächlich nach Vorgabe „berichtet“. Auch sind unerfreuliche Standpunktwechsel zu beobachten: Hieß es Ende Januar noch, deutsche und amerikanische Experten sähen Abrüstungschancen verpasst, meldet man jetzt nur noch lapidar, die Nato-Mitglieder unterstützten Washingtons Vorgehen.

Der hoch gescheite Konstrukteur der deutschen Entspannungspolitik unter Bundeskanzler Willy Brandt, der auch in Russland sehr geschätzte Egon Bahr, riet dem Autor einmal im persönlichen Gespräch: „Sag doch nicht immer Nato, sag: Washington!“ Will heißen: Wenn die Mitglieder nicht spuren, dreht ihnen Washington die Arme um. Dieser Umgang ist parallel ganz unverhohlen im Tauziehen um die NordStream 2 Pipeline festzustellen. Stil und Begriff solcher Außenpolitik haben inzwischen Eingang in den breiten öffentlichen Diskurs gefunden.

Im Hintergrund der politischen Auseinandersetzung zwischen West und Ost steht der Verlust der unangefochtenen weltweiten Total- und Rundum-Überlegenheit der USA: „full spectrum dominance“ ist in Tatsache verloren, die US-Flotte (als Beispiel) nur noch geeignet, Länder ohne solche und andere Waffen zu beeindrucken, Russland gehört nicht dazu. Bei der Raketenwaffe hatte Präsident Putin im öffentlichen Interview mit der provozierend auftretenden, dafür jedoch unzureichend informierten, FoxNews-Interviewerin Megyn Kelly deutlich gemacht, dass man aufgeholt habe, während Washington strategisch falsch investiert habe.

Damit geht es im aktuellen INF-Streit nicht mehr „nur“ um einen hoch wichtigen Vertrag über eine hoch gefährliche Waffengattung, sondern um alles: den Kampf um die globale Machtverteilung. Wiederholt hat nicht nur Russlands Außenamt Gespräche angeboten, das Verteidigungsministerium Waffen präsentiert – während westliche Partner es vorzogen, nicht zum Termin zu erscheinen. Gerade Deutschland hat erheblich zu verlieren, eine Nachrüstung droht, Stationierung weiterer Atomwaffen, wo wir doch die alten schon mit Hilfe des ehrlichen aber unglücklichen Außenministers Guido Westerwelle (FDP) loswerden wollten.

Gleichzeitig bedroht Washington den Iran, lässt am Donbass durch Kiew schwere Waffen auffahren, den Jemen in Krieg, Hunger und Krankheit verkommen; bringt zusätzliche Truppen nach Syrien oder ohne Absprache mit Bagdad in den Irak, statt, wie angekündigt, abzuziehen; rüstet in Mittel- und Osteuropa ständig auf, alles unter klarem Bruch aller Vereinbarungen. In Südamerika herrscht ein unerklärter Krieg der CIA gegen alle Regierungen mit patriotischen Zielsetzungen, Venezuela ist nur deshalb ein so „zäher Fall“, weil das Reformwerk des vergifteten Präsidenten Hugo Chávez im Grunde als Bollwerk gegen solche Art regime change-Methoden geplant und errichtet war.

Worum geht es tatsächlich? Da kommt die einzige Hypermacht in Not, müsste jetzt ganz eindeutig mit neuen Ideen auf die Weltgemeinschaft zugehen und ein neues Zeitalter des globalen Miteinanders einläuten. Denn es bedarf keiner höheren Schulbildung, um einzusehen, dass 300 Millionen nicht für den Rest aller Zeiten die übrige Menschheit gewaltsam unterdrücken können. Jedoch haben wir parallel weltweit ein zweites und ebenfalls sehr unangenehmes Problem: eine riesige, in der Menschheitsgeschichte noch nie dagewesene Finanzblase. Ein Platzen („Finanzcrash“) kann nur mit einem Zusammenbruch der Wirtschaft einhergehen, sagen die Experten. Im Moment befinden wir uns letzten Zeitraum davor, der mit allerhand Notmaßnahmen den immer gefährlicher drohenden Absturz verhindert. Derartige Situationen lassen auch in der westlichen Welt gewaltige Unzufriedenheit der in Minderheiten zunehmend besser informierten Bevölkerungen erwarten. Mit den schon im EU-Lissabon-Vertrag und jetzt auch im neuen Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag vorgesehenen oder vorhersehbaren übernationalen Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Zivilbevölkerungen allein wird der erwartbare öffentliche Unmut kaum einzudämmen sein. Diese Zwangslage der westlichen Regierungen ist wesentlich gefährlicher als einzelne Verträge einzelner Waffengattungen.

Wie geht es weiter? In dieser hoch brisanten Situation hat Russland seinerseits den Vertrag ruhend gestellt und konkret weitere Rüstungsschritte angekündigt. Es geht es darum, den tatsächlichen Machthabern in Washington klarzumachen, dass die US-Überlegenheit weg und unbestrittene Übermacht künftig und endgültig nicht mehr zu haben ist – sowie gleichzeitig die russische Sicherheitslage zu verbessern. Tatsache ist: Von Russland hat Europa nichts zu befürchten, Russland hat immer nur auf US- oder Nato-Vorstöße reagiert – und nie unangemessen. Es ist vielmehr die buchstäblich und auch finanziell prekäre Situation der Freunde und Partner in Washington und dazu die höchst brisante Motivationslage bei den Drahtziehern des „deep state“, die zu denken gibt.

Und hier kann Moskau erheblich „nachlegen“: Durch entschiedenen und strategischen Aufbau ihrer „soft skills“ den Fokus von der reinen „Kriegsmaschine“ nehmen und Washingtons ungeheuerliches und gefährliches Übergewicht auf diesem zusätzlichen Gebiet balancieren helfen. Denn die Analyse dieser einen Tatsache bedarf inzwischen auch keines Hochschulstudiums mehr: Sicherheit war noch nie in der Geschichte nur eine Frage militärischer Fähigkeiten, es gibt beeindruckende Aufstellungen über die Bedeutung der Informationspolitik und Propaganda

Der jetzt einseitig von den USA gebrochene Vertrag über nukleare Mittelstreckenwaffen wurde 1987 unterschrieben und 1988 in Kraft gesetzt. So schlecht kann die Arbeit der Beteiligten nicht gewesen sein, mehr als 30 Jahre Laufzeit für einen derart technik-gesteuerten Vertrag sind viel. In den letzten 30 Jahren hat sich die Welt jedoch radikal verändert, mehrere neue Kräfte haben die Bühne betreten, allen voran China, jedoch auch Indien und Pakistan. Und beide Seiten, Russland und die USA, haben neue Waffensysteme und Techniken entwickelt, über die zu sprechen wäre – ein höchst lohnender Einsatz von Zeit und Kraft.

Unter diesen Umständen ist es eigentlich gar nicht nötig, einen derart bewährten Vertrag gleich in die Mülltonne zu werfen – das halbe Jahr „Karenzzeit“, das die USA ab dem 2. Februar noch gewährt haben, erscheint da eher propagandistisch motiviert. Eine vernünftige und angemessene Lösung wäre gewesen, sich rechtzeitig gemeinsam mit allen interessierten Staaten weltweit um die Reform des Vertragswerks zu bemühen. Bundesaußenminister Heiko Maas hat einen entsprechenden Aufruf gestartet, jedoch keinerlei praktische Maßnahmen folgen lassen – dies lässt bedauerlicherweise Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Appells zu. Und was hat Washington getan? – von Russland ultimativ verlangt, die neuen Waffen zu vernichten. Das sieht eher nach dem Versuch aus, im Kampf um die Meinungsführerschaft oder Lufthoheit im globalen PR-Poker Punkte zu machen. Dies fällt leicht, weil die westlichen Medien unter einem gewaltigen Verfall ihrer eigenen journalistischen Regeln UND Rückgang ihrer Abonnentenzahlen leiden: So wird hauptsächlich nach Vorgabe „berichtet“. Auch sind unerfreuliche Standpunktwechsel zu beobachten: Hieß es Ende Januar noch, deutsche und amerikanische Experten sähen Abrüstungschancen verpasst, meldet man jetzt nur noch lapidar, die Nato-Mitglieder unterstützten Washingtons Vorgehen.

Der hoch gescheite Konstrukteur der deutschen Entspannungspolitik unter Bundeskanzler Willy Brandt, der auch in Russland sehr geschätzte Egon Bahr, riet dem Autor einmal im persönlichen Gespräch: „Sag doch nicht immer Nato, sag: Washington!“ Will heißen: Wenn die Mitglieder nicht spuren, dreht ihnen Washington die Arme um. Dieser Umgang ist parallel ganz unverhohlen im Tauziehen um die NordStream 2 Pipeline festzustellen. Stil und Begriff solcher Außenpolitik haben inzwischen Eingang in den breiten öffentlichen Diskurs gefunden.

Im Hintergrund der politischen Auseinandersetzung zwischen West und Ost steht der Verlust der unangefochtenen weltweiten Total- und Rundum-Überlegenheit der USA: „full spectrum dominance“ ist in Tatsache verloren, die US-Flotte (als Beispiel) nur noch geeignet, Länder ohne solche und andere Waffen zu beeindrucken, Russland gehört nicht dazu. Bei der Raketenwaffe hatte Präsident Putin im öffentlichen Interview mit der provozierend auftretenden, dafür jedoch unzureichend informierten, FoxNews-Interviewerin Megyn Kelly deutlich gemacht, dass man aufgeholt habe, während Washington strategisch falsch investiert habe.

Damit geht es im aktuellen INF-Streit nicht mehr „nur“ um einen hoch wichtigen Vertrag über eine hoch gefährliche Waffengattung, sondern um alles: den Kampf um die globale Machtverteilung. Wiederholt hat nicht nur Russlands Außenamt Gespräche angeboten, das Verteidigungsministerium Waffen präsentiert – während westliche Partner es vorzogen, nicht zum Termin zu erscheinen. Gerade Deutschland hat erheblich zu verlieren, eine Nachrüstung droht, Stationierung weiterer Atomwaffen, wo wir doch die alten schon mit Hilfe des ehrlichen aber unglücklichen Außenministers Guido Westerwelle (FDP) loswerden wollten.

Gleichzeitig bedroht Washington den Iran, lässt am Donbass durch Kiew schwere Waffen auffahren, den Jemen in Krieg, Hunger und Krankheit verkommen; bringt zusätzliche Truppen nach Syrien oder ohne Absprache mit Bagdad in den Irak, statt, wie angekündigt, abzuziehen; rüstet in Mittel- und Osteuropa ständig auf, alles unter klarem Bruch aller Vereinbarungen. In Südamerika herrscht ein unerklärter Krieg der CIA gegen alle Regierungen mit patriotischen Zielsetzungen, Venezuela ist nur deshalb ein so „zäher Fall“, weil das Reformwerk des vergifteten Präsidenten Hugo Chávez im Grunde als Bollwerk gegen solche Art regime change-Methoden geplant und errichtet war.

Worum geht es tatsächlich? Da kommt die einzige Hypermacht in Not, müsste jetzt ganz eindeutig mit neuen Ideen auf die Weltgemeinschaft zugehen und ein neues Zeitalter des globalen Miteinanders einläuten. Denn es bedarf keiner höheren Schulbildung, um einzusehen, dass 300 Millionen nicht für den Rest aller Zeiten die übrige Menschheit gewaltsam unterdrücken können. Jedoch haben wir parallel weltweit ein zweites und ebenfalls sehr unangenehmes Problem: eine riesige, in der Menschheitsgeschichte noch nie dagewesene Finanzblase. Ein Platzen („Finanzcrash“) kann nur mit einem Zusammenbruch der Wirtschaft einhergehen, sagen die Experten. Im Moment befinden wir uns letzten Zeitraum davor, der mit allerhand Notmaßnahmen den immer gefährlicher drohenden Absturz verhindert. Derartige Situationen lassen auch in der westlichen Welt gewaltige Unzufriedenheit der in Minderheiten zunehmend besser informierten Bevölkerungen erwarten. Mit den schon im EU-Lissabon-Vertrag und jetzt auch im neuen Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag vorgesehenen oder vorhersehbaren übernationalen Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Zivilbevölkerungen allein wird der erwartbare öffentliche Unmut kaum einzudämmen sein. Diese Zwangslage der westlichen Regierungen ist wesentlich gefährlicher als einzelne Verträge einzelner Waffengattungen.

Wie geht es weiter? In dieser hoch brisanten Situation hat Russland seinerseits den Vertrag ruhend gestellt und konkret weitere Rüstungsschritte angekündigt. Es geht es darum, den tatsächlichen Machthabern in Washington klarzumachen, dass die US-Überlegenheit weg und unbestrittene Übermacht künftig und endgültig nicht mehr zu haben ist – sowie gleichzeitig die russische Sicherheitslage zu verbessern. Tatsache ist: Von Russland hat Europa nichts zu befürchten, Russland hat immer nur auf US- oder Nato-Vorstöße reagiert – und nie unangemessen. Es ist vielmehr die buchstäblich und auch finanziell prekäre Situation der Freunde und Partner in Washington und dazu die höchst brisante Motivationslage bei den Drahtziehern des „deep state“, die zu denken gibt.

Und hier kann Moskau erheblich „nachlegen“: Durch entschiedenen und strategischen Aufbau ihrer „soft skills“ den Fokus von der reinen „Kriegsmaschine“ nehmen und Washingtons ungeheuerliches und gefährliches Übergewicht auf diesem zusätzlichen Gebiet balancieren helfen. Denn die Analyse dieser einen Tatsache bedarf inzwischen auch keines Hochschulstudiums mehr: Sicherheit war noch nie in der Geschichte nur eine Frage militärischer Fähigkeiten, es gibt beeindruckende Aufstellungen über die Bedeutung der Informationspolitik und Propaganda, weit vor Julius Caesar, auch in Asien. Jedoch heute, im Informationszeitalter, müssen Möglichkeiten und Chancen nicht-militärischen Handelns Teil einer umfassenden und mehrseitigen Strategie werden, um die gewaltig gewachsene Zerstörungskraft der Waffen angemessen zu begleiten; das kostet auch nicht wenig Geld. DARAUS erst entsteht jedoch pflichtgemäße Wahrung berechtigter Sicherheitsinteressen – die Sowjetunion war nicht so schlecht darin, und Europa genoss damals weitaus mehr Respekt in Washington, was allen Beteiligten genützt hat und den Frieden bewahren half…

 

Russische Ausgabe*: http://inforos.ru/ru/?module=news&action=view&id=85935

 In der russischen Ausgabe wurde der letzte Absatz weggelassen.