MH-17-Abschuss (2): Keine geordnete Untersuchung mehr geplant?
Spiegel bringt, ausgerechnet im Bereich „Panorama“ – neben Titeln wie „Knutschen als Trostpreis“, – eine höchst wichtige Zeugensuche des gemeinsamen Untersuchungsteams JIT (= Joint Investigation Team). Das JIT-Video, in russischer Sprache, und mit englischen Untertiteln, verwendet interessanterweise die gleichen Fotos wie schon die „CORRECT!V“-Untersuchung des Spiegel vom 9. Januar 2015. Jetzt soll also JIT fast drei Monate gebraucht haben, um aus lange vorliegendem Bildmaterial ein Youtube-Video zusammenzustellen, mit dessen Hilfe nun Zeugen gesucht werden – und zwar ausschließlich in Russland und in der widerständischen Ostukraine, mit ebenso vagen wie weiträumigen Versprechungen für Zeugenschutz? Und vor einem neuen Vorstößen von „bell¿ngcat“ muss das dringend an die Öffentlichkeit – weil offenbar ohne dieses JIT-Video „bell¿ngcats“ älterer und der neueste Wurf mit den angeblichen russischen Satellitenbild-Fälschungen publizistisch nicht ausreichend „standfest“ erscheint – oder wie dürfen wir diese neue Volte der Spiegel-Redaktionspolitik verstehen?
NEU ist an der „bell¿ngcat“-Veröffentlichung heute vor allem, dass ein weißer Volvo-Tieflader mit der BUK-Abschussrampe hinten drauf eine riesige Telefonnummer spazierenfährt, wie das ja für sehr geheime Missionen dringend anzuraten – und geradezu üblich – ist (Ironie aus). Vorher (im Januar, bei CORRECT!V) war gar nicht die Telefonnummer am Truck entscheidend, sondern die Nummer „3_2“ auf dem Militärgerät. (Weil ja auch für sehr geheime Missionen … Rest siehe oben.) Und dann muss Spiegel noch einen weiteren Beitrag nachlegen, weil der erste offenbar nicht zwingend erschien. Und weil das offenbar immer noch nicht ausreicht, muss schließlich noch ein Rundumschlag gegen Moskau dazukommen. Bei derartigem publizistischem Trommelfeuer durch die Nato-Kampfpostille fragt sich der geneigte Medienkonsument, ob das jetzt mit steigendem Zeitverlust durch JIT medial künftig immer weiter überkompensiert wird?
Das JIT-Filmchen von Ende März benennt die BUK-Spur als sehr wichtig. Wir haben jedoch noch gut die Fotos im Gedächtnis, die zeigten, dass da ein schweres MG quer durch die Pilotenkanzel des Unglücksfliegers gehalten hatte. Es ist nicht mehr erklärlich, warum JIT darauf mit keinem Satz eingeht, stattdessen jedoch gleichsam mit der Veröffentlichung dieses Videos die Unterstellungen aus diesen seltsamen Recherche-Quellen mit den merkwürdigen Namen durch derartige „offizielle Bildzitate“ adelt. Gleichzeitig werden sehr vieldeutige Gesprächsmitschnitte breit ausgewalzt, was deshalb erstaunlich ist, weil der Aussagewert für den „Normalverbraucher“ so außerordentlich gering erscheint. Hier entstehen mehrere Fragen: Möchte der hier durch JIT handelnde Westen nach Osten signalisieren, dass man am Ende alle beschuldigen wird, die sich jetzt nicht freiwillig melden? Geht es darum, möglichen Aussagewilligen zu signalisieren, dass sie mit einer neuen Vita und frischen Ausweispapieren/Staatsbürgerschaften sowie selbstverständlich mit dem nötigen Kleingeld ausgestattet auf ein angenehmes Leben hoffen dürfen, wenn sie „auspacken“ – oder eben: ihrerseits andere beschuldigen?
Ganz grundsätzlich möchte ich hier abschließend feststellen: Ich weiß nicht, wer den MH-17-Abschuss zu verantworten hat. Ich kann per heute nicht ausschließen, dass russische Stellen darin verwickelt sind. Ich muss jedoch feststellen, dass, wann immer westliche Lügenmedien unverzüglich nach Abschluss einer schrecklichen Tat im Chor die gleiche unbewiesene Beschuldigung aussprechen, mein Misstrauen gegen genau diese Beschuldigungen eindeutig überwiegt. Moskau hatte durch dieses furchtbare Menschenopfer rein gar nichts zu gewinnen, der Westen jedoch sehr viel. Schließlich: Es ist einfach nicht Moskaus Stil und widerspricht aller Erfahrung, dass Moskau unzuverlässige Kombattanten mit hoch komplizierten Geräten ausstattet – oder dass eigenes russisches Personal nicht wüsste, wie bei Einsätzen mit der Verwechslungsgefahr im Bereich der zivilen Luftfahrt umzugehen ist. Wie ungeheuer viel da kommuniziert wurde, stellt ja gerade auch JIT im besagten Video fest.
Fazit: Jede weitere Veröffentlichung von irgendwelchen Inhalten zur Sache, sei es nun durch JIT oder durch westliche Großmedien, VOR dem öffentlichen Erscheinen eines glaubwürdigen (zumindest) Zwischenberichts durch JIT schadet der westlichen Glaubwürdigkeit insgesamt. Und: Bisher war die Gesamtleistung bestenfalls mangelhaft.
Foto: © RIA Novosti. Mikhail Voskresensky