Offener Brief an Friede Springer (2)
Sehr geehrte Frau Springer,
bei meinem letzten Schreiben war ich der irrtümlichen Ansicht, das Vorgehen Ihres obersten Managers sei rational erklärbar, es gebe irgendwelche moralischen Strukturen, an die appelliert werden könnte – oder zumindest geschäftlich motivierten Weitblick.
Etwas durchaus Erstaunliches findet statt in Potsdam: Durch den Druck der „Bürgerinitiative Offener Pfingstberg“ – BIOP – wurde die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, SPSG, gezwungen, den Vertrag mit Ihrem Vorstandschef Döpfner zu veröffentlichen. Doch bereits dieser Vorgang birgt neue Probleme, denn jetzt kann jeder interessierte Zeitgenosse nachlesen, dass dieser Vertrag die geschaffenen Realitäten nicht völlig abdeckt – also wird etwas zurückgehalten. Was das genau ist: Daran arbeitet hier zielgerichtet und öffentlich BIOP, selbstverständlich – und dankenswerter Weise: viele Unterstützer und Sympathisanten, überall, in Parteien, Stadtverwaltung, Medien – jede_r so gut sie/er kann. Und alle Beteiligten, die hier das Vernünftige und Verantwortungsvolle nicht tun wollen oder sogar gegenanarbeiten, setzen sich mit diesem Verhalten in aller Öffentlichkeit ins Unrecht. Kurz: Sehr viele, die Allermeisten, fürchten offenbar die tatsächlich große Macht Ihres Hauses. Diese Macht ruht allerdings auf tönernen Füßen: auf der Angst der Beteiligten. Ist das wirklich Ihr Plan? Und wenn er das ist: Soll diese Macht wegen der privaten Schloss-Träume eines Top-Managers gefährdet werden, der sich aufführt wie ein gewöhnlicher Schnäppchen-Jäger? Obwohl er doch von Ihnen genügend finanzielle Mittel bekommen hat, um der Stadt Potsdam über die SPSG ein, zwei seiner ‚zig Millionen zu schenken – OHNE die Menschen dabei zu verärgern. Das Verrückte, völlig Unverständliche: Alle Beteiligten wären auch noch hoch dankbar! Dem Springer-Chef Döpfner: dankbar! Doch er ruiniert die Chance. Narretei natürlich: wegen eines läppischen Gartenzaunes, der in dieser Form anderswo Campingplätze umgibt. Ich selbst wäre für sein Geschenk auch dankbar gewesen, für meine Kinder und meine Nachbarn, mit innerem Magengrummeln, weil ich den Rest seines (Unter-)Tagewerks einigermaßen umreißen kann. JETZT hingegen bin ich RICHTIG dankbar.
Denn was macht Döpfner tatsächlich? Er hilft mir. Ich blättere die Zeitungen auf – und was sehe ich: ein hübsches Foto von mir und Zitate meiner politischen Äußerungen. Zum Beispiel zu Israel: Dies hatte ich gesagt – und zwar in meiner Rede zum Jerusalem (= Quds)-Tag am 26. Juli in Berlin:
Wer solche Dinge öffentlich sagt, verliert mitunter seinen Job. Wie damals, als man nicht über Kanzler Kohls Freundin reden oder schreiben durfte, die gleichzeitig seine Sekretärin war. Nur unendlich viel schlimmer und ernster. Und die Finanzspezialisten, die alles überblicken – und bestätigen können, die liest ja keiner, das ist für unsere guten Otto Normalverbraucher einfach eine andere Welt.
Kurz: Bitte sehen Sie es mir nach, wenn ich für diesen hässlichen kleinen Zaun in Potsdam so gar kein Verständnis habe. Doch ich freue mich durchaus über die wertvolle, für meine politischen Freunde und mich geradezu unbezahlbare PR-Unterstützung, die Ihr Herr Döpfner (in)direkt mitleistet. Soeben eilt er mit wehendem Jackett in die selbst ausgehobene Grube: Die Menschen hier lernen unbezahlbare Dinge über ihn, über Macht und Vorgehen Ihres Hauses, die sie sonst nie erfahren hätten – warum sollte ich oder irgend jemand anders versuchen, ihn aufhalten?
„Stern“ und „Spiegel“ mussten schon zurückrudern, was untergeschobene Falschzitate zu Israel oder meinen angeblichen Rechtsextremismus (!) angeht – auch hier sieht’s momentan nicht gut aus für Herrn Dr. Döpfner – aber angesichts eines an Überlastung und fortschreitender Korruption krankenden Justizwesens und meiner bekannten Finanzschwäche baue ich dort nicht auf Erfolg. Der kommt vor allem von Döpfner selbst. Döpfner und seinesgleichen.
Mit besten Wünschen und Grüßen
Christoph Hörstel
Foto: © privat-DH 2005