Wird Obama vom eigenen „Sicherheit“sapparat unter Druck gesetzt?

Das ist allerdings beeindruckend: Der bestbewachte Staatschef der Welt ist ohne Not gewaltigen Sicherheitsrisiken ausgesetzt, die jeden Dax-Firmenchef längst dazu bewegt hätten, seinen Dienstleister abrupt zu wechseln:

Da wird auf’s Weiße Haus geschossen, SIEBEN MAL hintereinander und aus einem Auto heraus – die Mannschaft merkt nichts, findet erst vier Tage später heraus, dass da ein Attentäter unterwegs war. So geschehen an einem dunklen Abend, am 11. November 2011.

Ein Messerträger, Irakkriegsveteran, steigt über den Parkzaun, dringt in das Gebäude ein, kann erst hinter der Eingangstür vom Geheimdienst übermannt werden, nachdem er im Gebäude herumgerannt ist.

Doch wirklich grotesk ist der jüngste Fall eines freiberuflichen Sicherheitsagenten, der es MIT SCHUSSWAFFE in den gleichen Aufzug schafft wie Obama, sich dort extrem aufdringlich verhält – und Obamas Bewacher WISSEN angeblich NICHT, dass der dreifach wegen Körperverletzung vorbestrafte Mann die ganze Zeit bewaffnet ist!

Das letzte Mal, als Obama im Weißen Haus gröbstens fahrlässig ernsten Gefahren ausgesetzt war, im November 2009, hatte Obama gerade über die letzte große Aufstockung von US-Truppen in Afghanistan zu entscheiden. Monatelang hielt er seine Regierungs- und Beratermannschaft mit den Details unter Dampf.  Nach dem erfolgreichen Angriff auf das Weiße Haus, dessen Einzelheiten lange geheimgehalten worden waren, fiel die Entscheidung dann plötzlich ganz schnell: dafür. Obama-Fans waren entsetzt. Und kurz darauf, nach dem frischen „GO“ für die große Truppenaufstockung am Hindukusch, erhielt Obama den Friedensnobelpreis überreicht.

Heute steht Obama an mehreren Fronten unter Druck:

– In der Ukraine könnte er härter zuschlagen lassen, die Russen stärker provozieren. Dass dann die Europäer sauer würden, Proteste an Kraft gewinnen, schert die Kriegstreiber in Washington wenig.

– In Nah- und Mittelost könnte er Syrien schneller zerschlagen, Iran schneller in die Pleite quetschen, den Irak schneller ruinieren, die Kurden besser bewaffnen.

– In Asien könnt er gegen China die Uiguren-Unruhen und den Hongkonger Studentenprotest stärker fördern, die Streitigkeiten um rohstoffreiche Inselgrüppchen forcieren und insgesamt mehr Härte zeigen.

– In Afrika hat Obama außer der Kunsttruppe Boko Haram und der Ebola-Seuche wenig Vorwände zu bieten, um stärker „einzugreifen“.

– Mittel- und Südamerika dümpeln unter leichtem Intrigendruck mehr oder weniger vor sich hin. Auch hier gilt: Obama „reißt nichts“.

Wesentlich aktiveres, härtere Vorgehen Washingtons wünschen sich die Hardliner – und wissen dabei die Mafiosi aus globalen Finanz-, Energie- und Rüstungskartellen hinter sich. Doch Obama versucht möglicherweise, sein politisches Klavier nicht nur mit den schwarzen Tasten zu bespielen. Was wirklich läuft, bekommt man ohnehin kaum mit, weil es fast keine guten Quellen mehr gibt. Alle lügen irgendwie, irgendwo, irgendwann – stets mit (später) nachvollziehbaren Interessen im Hintergrund.

Nur eines ist strikt verboten: Bei einer derartigen Häufung an Zufälle zu glauben. Der Trainingsaufwand für das Sicherheitspersonal um das Weiße Haus hat seit 2001 absurde Höhen erklommen. Die Vorfälle zeigen derart lächerliche Pannen, dass es kaum zu glauben ist. Obama müsste den ganzen  Versagerhaufen feuern. Wenn und weil er das nicht tut, müssen wir davon ausgehen, dass er nicht daran glaubt, besseres Personal bekommen zu können. Warum nicht? Weil er sich anderer Dienstleister, Agenten oder Truppenteile offenbar noch weniger sicher sein kann. Nach dem ersten Erscheinen dieses Beitrags vor zehn Minuten kommt eine Eilmeldung aus Washington von der „Post“: Sicherheitschefin Pierson schmeißt das Handtuch, nachdem ihr Senatshearing schlecht gelaufen ist. Das sieht auch nicht aus wie eine handfeste Obama-Entscheidung, der sie ja immerhin noch in dieses Hearing gehen ließ – eher nach Notbremse. Jetzt wird ein Rentner zurückgeholt: Clancy. Obama will Leute, die er kennt – offenbar aus seiner Sicht das geringere Übel. Das ist übel.

Für 2009 hatte ich in meinem Buch: „Afghanistan-Pakistan: Nato am Scheideweg“ (Berlin 2010) festgestellt, dass Obama und der damalige afghanische Präsident Karzai offenbar eines gemeinsam hätten: Sie finden keine 100 Mann, auf die sie sich wirklich verlassen können.

Es erscheint in der gegenwärtigen Zusammenballung von Krisen nicht mehr ratsam, ein mehrfach korruptes und kriminelles Staaten- und Regierungsmilieu zu dulden, in dem derartige Machenschaften denkbar sind.