USA-Russland: Gefährliche Konfrontation in der Ostsee – wie geht’s weiter?

In nur neun Meter Höhe über den Aufbauten des US-Zerstörers „USS Donald Cook“ seien am Montag und Dienstag 20mal russische Jäger hinweggebraust, meldeten gestern Medien weltweit. Wer derartiges je selbst erlebt hat, wie ich mehrfach im Krieg in Afghanistan, weiß dass das ziemlich beeindruckend ist. Der US-Zerstörer habe sich 70 Seemeilen von der nächsten russischen Küste entfernt in internationalen Gewässern aufgehalten, meckert der Westen. Sicher, doch er trägt Angriffswaffen, die 1.500 Kilometer hoch und 2.500 Kilometer weit reichen – und ist Teil der unsinnigen und kriegstreiberischen Raketenschild-Aktivitäten der US-beherrschten Nato. Russland hat sich dagegen immer gewehrt – und die Nato nur lahm dagegengehalten, der Raketenschild richte sich nicht gegen Russland, sondern gegen Iran (!). Tatsächlich stört diese aggressive Nato-Maßnahme die „Balance des Schreckens“ in Europa – und MUSS zwangsläufig ein sinnloses und kontraproduktives Wettrüsten in Europa zur Folge haben, zum einseitigen Nachteil für die Europäer.

Aber das ist ja leider nicht alles auf der „Donald Cook“. Das Schiff trägt brandneue elektronische Spionageausrüstung vom Typ „SEWIP Block 3“ – und kann weit in russisches Gebiet hinein nicht nur alles  abhören, sondern auch stören („jamming“); WIE WEIT, das ist die Preisfrage – und offenbar wurden alle Veröffentlichungen seit dem Zwischenfall im Schwarzen Meer 2014 gesäubert. Die westliche Seite leugnet russische Angaben, die neue russische „Khibiny“-Waffe habe die „Donald Cook“ damals völlig geblendet. Dennoch geben westliche Quellen erheblich erweiterte russische militärische „Fähigkeiten“ zu. Tatsächlich sprechen die US-Quellen von „long range“-Reichweite des SEWIP-Systems – und das heißt: mindestens fünftausend Kilometer. Kurz: Der Einsatz einer solchen Waffe und derart nah am Gegener ist hoch aggressiv. Sollten russische Zerstörer mit solchen Fähigkeiten dem US-Gebiet zu nahe rücken, wäre die Hölle los.

Und: Die Häufigkeit der russischen Anflüge auf das US-Schiff legt nahe, dass die Russen ihre neuesten Systeme am US-Gegner erprobt haben – das ist vor allem im Marine-Bereich absolut üblich. Beide Seite lernen dabei sehr viel über die jeweils andere. Solche Übungen werden deshalb normalerweise auch nicht groß kommentiert – dies mal war das anders:

Heute schiebt US-Außenminister Kerry noch nach, die US-Marine hätte die russischen Jäger „abschießen können“. Das mag zutreffen – doch wäre das US-Schiff danach kaum zu retten gewesen – und möglicherweise ständen wir dann bereits im Krieg, aus dem leicht ein Weltkrieg mit neun bekannten Schauplätzen werden könnte: Ukraine, Irak, Syrien, Jemen – dort wird jetzt schon gekämpft. Arktis, Libanon, Iran/Saudi-Arabien, China/Japan, Korea – dort bahnen sich bewaffnete Konflikte an.

Die Einlassung Kerrys legt jedoch nahe, dass die US-Seite in dem Ostsee-„Showdown“ erneut den Kürzeren gezogen haben könnte, das gibt zu denken.